Geistlicher Impuls von Thomas Hilsberg
Monatsspruch März 2024
„Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ (Markus 16, 6; Lutherübers.)
Die ersten Zeuginnen der Auferstehung waren nicht hoch erfreut. Sie waren geschockt. Wir können das lebendig nachempfinden: Ein lieber Mensch ist gewaltsam ums Leben gekommen. Vor der Bestattung wollen wir ihn ein letztes Mal sehen. Die Tür des Aufbahrungsraumes steht sperrangelweit offen. Drinnen herrscht das Chaos. Der offene Sarg ist gähnend leer. Und am Kopfende hockt ein wildfremder Mensch. In dieser Situation wären wir doch alle hell entsetzt.
Die Erklärung des Fremden ist auch keine große Hilfe. Er ist nicht hier. Das klingt, wie wenn sich einer am Telefon verleugnen lässt: Tut mir Leid. Der Chef ist nicht am Platz. Er ist eben weggegangen. Wollen Sie ihm eine Nachricht hinterlassen? Sowas zu erleben frustriert zutiefst.
Der geschätzte Verblichene ist unauffindbar. Die Leiche ist weg. Das Grab ist leer.
Oft genug haben wir es schon aus berufenem Mund gehört: Das leere Grab ist für den Glauben wirklich nicht relevant. Doch der christliche Glaube fängt mit dem leeren Grab an. Das Markusevangelium ist sehr wahrscheinlich das älteste Evangelium. Und es endete wohl ursprünglich an dieser Stelle. Also nicht mit Freude und neuer Hoffnung. Sondern mit Zittern, Entsetzen und Furcht. Am Anfang stand nicht die Begegnung mit dem Auferstandenen. Und auch nicht die Überzeugung: Jesus lebt. Der Herr ist auferstanden! Nein, am Anfang steht die bittere Erfahrung: Er ist nicht hier. Alles andere folgte später.
Was aber, wenn die Geschichte vom leeren Grab Fiktion ist? Wenn die Evangelisten das nur konstruiert hätten? Dann hätten sie das ganz sicher anders erzählt. Denn in allen vier Evangelien entdecken Frauen das leere Grab. Und Frauen galten damals nicht als ernst zu nehmende Zeuginnen. Man hätte ihnen schlichtweg nicht geglaubt. Evangelisten, die überzeugen wollten, hätten sich garantiert was anderes ausgedacht. Einen Petrus, der als erster das leere Grab entdeckt. Einen Johannes, dem Jesus zuerst begegnet. Oder einen Hohenpriester, der über den Auferstandenen zu Tode erschrickt. Aber alle vier berichten von den Frauen. Das kann nur eins bedeuten: Sie berichten die Wahrheit.
Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden. Er ist nicht hier. Dafür ist er hier und jetzt bei uns. Und zwar bis ans Ende der Welt.